„Dank Ihrer Hilfe habe ich einen Computer“
Natalie Becker
12.10.2021
Die Stipendiatinnen und Stipendiaten des Kirchheimer Vereins Hilfe für Guasmo haben in Ecuador noch immer keinen Präsenz-Unterricht und lernen weiterhin online, unterstützt durch zusätzliche finanzielle Förderung und digitale Kommunikationen mit ihren Sozialarbeiterinnen vor Ort.
Die Sozialarbeiterinnen in Guayaquil/La Aurora und Puerto Napo/Tena berichten, dass der Präsenz-Unterricht noch nicht wieder begonnen hat, da die Schulen die staatliche Genehmigung des Bildungsministeriums für die Wiederaufnahme des Präsenz-Unterrichts brauchen. Hilfe für Guasmo (HfG) hat die Stipendien erhöht und einen Zuschuss für Internet-Anschluss ausgezahlt. So konnten die Familien das Geld in die technische Ausstattung und die Internetkosten für den Online-Unterricht investieren. Die Sozialarbeiterinnen überblicken, koordinieren und überwachen die Hilfe, so dass das Geld zweckgebunden eingesetzt wird. Eine Umfrage der Sozialarbeiterin Angie Castellanos bei den Stipendiatinnen und Stipendiaten in Guayaquil und La Aurora im Mai 2020 hatte ergeben, dass 54% der Stipendiatinnen und Stipendiaten einen Internet-Anschluss zu Hause hatten, 24% hatten Computer oder Laptop, 11% ein Tablet, 43% ein Smartphone und 13% keine Möglichkeit am Online-Unterricht teilzunehmen. In 13% der Familien ging ein Kind zur Schule, in 39% zwei Kinder, in 38% drei Kinder, in 10% vier oder mehr Kinder. Diese Situation hat HfG erfolgreich verbessern können und den Stipendiatinnen und Stipendiaten neben den Zuschüssen sowohl vorhandene als auch neue Laptops zur Verfügung gestellt.
Wie überall gehen auch in Ecuador die Meinungen und Erfahrungen zum Online-Unterricht auseinander. Die Sozialarbeiterin Angie Castellanos, die in Guayaquil und La Aurora tätig ist, schreibt: „Online-Unterricht ist nicht die beste Form des Lernens, aber mittlerweile haben die LehrerInnen und SchülerInnen diesen Lernstil in ihr tägliches Leben übernommen. Der Einsatz von Technologie in allen Altersstufen wird jetzt immer normaler und ich glaube, das hat bei einigen SchülerInnen die Kreativität beim Lernen geweckt.“ Sandra Largo, Sozialarbeiterin in Puerto Napo/Tena, findet, dass Online-Unterricht keine guten Ergebnisse gebracht hat: „Von meinem Mann, der Lehrer ist, habe ich gehört, dass die Schülerinnen und Schüler nicht verantwortungsbewusst genug darauf reagiert haben und die Sucht nach Videospielen sowie die Nutzung der sozialen Netzwerke gestiegen sind.“ Außerdem merkt sie an, dass der physische Kontakt und gemeinsame Momente der Erholung für die menschliche Entwicklung ebenfalls wichtig sind. Der Kontakt der Sozialarbeiterinnen zu den Stipendiatinnen und Stipendiaten lief über Telefon und Internet sowie über Treffen mit strengen Hygienemaßnahmen. In Guayaquil unterstützt nun als neue Tutorin Jaszmin Espinales die Kinder und Jugendlichen online dabei, mit dem Online-Unterricht selbstständig zurechtzukommen.
Es geht wie immer bei der Arbeit von Hilfe für Guasmo darum, Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen, so dass die Stipendiatinnen und Stipendiaten die neuen Herausforderungen meistern können. Das Wissen darum, dass es Menschen gibt, die sie unterstützen, ermutigt die Kinder und Jugendlichen, trotz der schwierigen Bedingungen beim Lernen durchzuhalten.
Guayaquil/La Aurora
Alan (8 Jahre), der in diesem Schuljahr in der vierten Klasse ist, schreibt: „Es gibt Unterricht in allen Fächern, die ich auch in der Schule habe, sogar Sport bieten sie in diesem Schuljahr an. Manchmal bin ich müde, weil es so viele Schulstunden sind und weil sie auch so viele Hausaufgaben und Lektionen pro Tag geben. Aber meine Mami erklärt mir und hilft mir, wenn ich etwas nicht verstehe, so dass ich meine Hausaufgaben schaffe.“
Derzeit verfolgt er den Unterricht über ein kleines Tablet und hofft, dass seine Mutter bald ein gebrauchtes Laptop kaufen kann, damit er gleichzeitig die Lehrerin über Zoom sehen und die interaktiven Dateien ausfüllen kann.
Ángel (10 Jahre):
„Ich bin ein bisschen traurig, denn ich würde gerne zum Präsenzunterricht in die Schule gehen, aber wegen dem Coronavirus können wir das noch nicht. Also hoffe ich von ganzem Herzen, dass das bald endet, damit wir zur Schule gehen und wie früher zum Spielen rausgehen können, denn jetzt habe ich ein bisschen Angst.“
David (11 Jahre):
„Ich wünsche mir, ins Colegio gehen zu können, ohne Angst zu haben krank zu werden. Ich möchte Ihnen sagen, dass ich gesund bin. Meine Mama passt gut auf meine Geschwister und mich auf, aber ich wünsche mir, dass alles wieder so ist wie früher, damit wir rausgehen und spielen können oder Aktivitäten unternehmen, die mir gefallen. Der Strand ist mein Lieblingsort.“
Martín (11 Jahre) schreibt, dass er sich jeden Tag anstrengt, um zu zeigen, dass er täglich im Unterricht besser wird. Er steht jeden Tag früh auf, um am Unterricht teilzunehmen und versucht seine Aufgaben zeitnah zu schaffen. Manchmal hilft die Mama. Sie sind drei Geschwister, also müssen sie sehr verantwortungsvoll sein, damit die Mama nicht zu viel Arbeit hat.
Paola (13 Jahre):
„Am 10. April durchlebten wir sehr harte und schmerzhafte Momente als mein Onkel mütterlicherseits schwer an COVID erkrankte und in einer kritischen Phase Sauerstoff brauchte. Die 14 Tage als er Sauerstoff brauchte waren für uns als Familie sehr schwierig und haben uns sehr belastet. Wir haben viel gebetet und Geld zusammengelegt um den Sauerstofftank wieder auffüllen zu können. Gott hat unsere Gebete erhört und ein großes Wunder vollbracht.»
Valeska (14 Jahre) schreibt, dass ihre Eltern die Teilnahme am regulären Unterricht nicht erlauben wollen, weil sie Angst haben, dass die Mutter, die eine Vorerkrankung hat, sich anstecken könnte.
Leonardo (18 Jahre) geht in die letzte Klasse der Oberstufe. Er bedankt sich und verspricht, sich viel Mühe zu geben, gute Noten zu bekommen. „Dank Ihrer Hilfe habe ich einen Computer, um meine Hausaufgaben zu machen“
Puerto Napo/Tena
Iliana (12 Jahre) besucht die 9. Klasse. Ein Mobiltelefon ermöglicht ihr die Teilnahme am Online-Unterricht.
Marly (16 Jahre) ist die Zweitälteste von sechs Geschwistern. Von ihrem Zuhause im Umland von Puerto Napo aus nimmt sie über ein Mobiltelefon am Online-Unterricht teil.